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17. Januar 2019
09:00
Wer bei seinem Winterspaziergang ab und zu nach oben schaut, kann derzeit grössere Vogelschwärme entdecken. Sie sind plötzlich da, drehen einige Runden am Himmel, rasten möglicherweise kurz in den Baumwipfeln und verschwinden so schnell, wie sie aufgetaucht sind. Meist handelt es sich um einige hundert Vögel, es können aber auch mehr als tausend sein. Es sind Bergfinken, manchmal auch durchmischt mit Buchfinken. Das besondere an den Bergfinken ist: man sieht sie bei uns nur in den Wintermonaten von Dezember bis Februar – dies aber nicht in jedem Winter oder zumindest nicht immer in gleich hoher Zahl.
Im Sommer leben und brüten die Bergfinken in den grossen lichten Nadel- und Birkenwäldern Nordeuropas und Sibiriens, der sogenannten Taiga.
Sie profitieren dort von der immensen Zahl an Mücken und anderen Insekten, mit denen sie ihre Jungvögel füttern. Im Herbst versiegt diese Nahrungsquelle. Dann stellen die Bergfinken ihren «Menüplan» um und ernähren sich fast ausschliesslich von Buchensamen, den sogenannten Bucheckern. Da es in ihren Brutgebieten keine Buchen gibt, ziehen die Bergfinken in grossen Schwärmen zur Überwinterung nach Mitteleuropa.
Fressen und gefressen werden
Wo sie sich niederlassen, hängt wiederum vom Nahrungsangebot ab. Buchen produzieren alle drei bis sechs Jahre in bestimmten Regionen eine grosse Zahl von Samen (Vollmast), während diese in den Zwischenjahren spärlicher sind (Halbmast) oder ganz ausfallen (Fehlmast). In Buchen-Vollmastjahren ist der Waldboden im Herbst mit Bucheckern übersät. Diese Gebiete wählen die Bergfinken als Überwinterungsorte. Die Nächte verbringen sie an Schlafplätzen, wo sich mehrere Millionen Vögel zusammenfinden können. Tagsüber unternehmen sie in grossen Trupps Streifzüge zur Nahrungssuche in die weitere Umgebung. Dann können schon mal einzelne Vögel oder kleine Gruppen am Futterhäuschen im Garten auftauchen, denn die Bergfinken verschmähen auch Sonnenblumenkerne oder andere kalorienreiche Samen nicht. Es ist ein überwältigendes Schauspiel, wenn sie abends zum Schlafplatz zurückkehren. Etwa ab 16 Uhr abends erscheinen die ersten Trupps. Mit zunehmender Dunkelheit wird der Zug der heranfliegenden Vögel immer dichter und intensiver. Sie lassen sich zu Tausenden in den Büschen und Bäumen nieder. Das Ganze ist begleitet von einer eindrücklichen Geräuschkulisse, es erinnert an einen unablässig plätschernden Wasserfall. Es sind immer auffällig viele Greifvögel anwesend – Sperber, Habicht, Wander- und Turmfalken – die ihrerseits im grossen Schwarm der Kleinvögel eine willkommene Nahrungsquelle finden. Diese versuchen, die Bergfinken von ihren Bäumen aufzuscheuchen, da sie ihre Opfer in der Luft besser erwischen. Dies erzeugt ständige Bewegung im grossen Finkenschwarm.
Bergfinken-Invasionen locken viele Zuschauer an
Zurzeit ist ein grosser Schlafplatz in der Nähe von Courgenay (Ajoie/Kanton Jura) bekannt. Man schätzt den dortigen Schwarm auf zwei Millionen Vögel. Möglicherweise existieren auch Schlafplätze mit einigen Tausend Vögeln in der näheren Region, darauf deuten die lokalen Beobachtungen hin. Im Januar/Februar 2015 gab es einen Schlafplatz in Hasel bei Bad Säckingen – ebenfalls in Millionenstärke. Die nachfolgenden Bilder und das Video stammen von diesem Schlafplatz und das Youtube-Video eines Besuchers in Hasel vermittelt neben dynamischen Bildern auch einen Eindruck der Geräuschkulisse.
Einige Leser erinnern sich vielleicht noch an den riesigen Bergfinken-Schwarm, der im Januar 2004 seinen Schlafplatz in einem Waldstück in Riniken bei Brugg gewählt hatte. Wie überall, wo diese Invasionen der nordischen Vögel stattfinden, lockt das Spektakel eine Vielzahl von Besuchern an. In Hasel bei Bad Säckingen verursachte der Massenauflauf der Vogelbeobachter fast allabendlich ein Verkehrschaos auf den umliegenden schmalen Flurstrassen.
Der Bergfink (Fringilla montifringilla)…
Das Brutgebiet der Bergfinken erstreckt sich von Norwegen bis nach Sibirien zur Halbinsel Kamtschatka. In Skandinavien ist der Bergfink einer der häufigsten Brutvögel. In Ausnahmefällen brüten Bergfinken auch in Mitteleuropa, v.a. in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und Italien. In der Schweiz konnten noch nie Bruten nachgewiesen werden. Der Bestand in Europa wird mit maximal 22 Millionen Brutpaaren angegeben, weltweit sollen es rund 200 Millionen sein, die Art gilt als nicht gefährdet.
Der nächste Verwandte …
… des Bergfinken, der manchmal auch Nordfink genannt wird, ist der Buchfink, der häufigste Brutvogel der Schweiz. Wie der Bergfink ernährt er sich im Sommer von Insekten und Beeren, im Winter von Bucheckern und anderen Samen. Im Gegensatz zum Bergfink muss er jedoch zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet keine so grossen Distanzen zurücklegen. Doch auch Buchfinken sind mehrheitlich Zugvögel.
Der wissenschaftliche Name des Buchfinken Fringilla coelebs (= eheloser oder lediger Fink) deutet darauf hin, dass die männlichen Buchfinken im Winter ein «Junggesellenleben» führen. Die etwas kleineren Weibchen und die Jungvögel ziehen meist weiter in den Süden als die Männchen, so dass sich Männchen und Weibchen erst im Brutgebiet wieder begegnen. Der grosse Teil der Buchfinken, die den Winter in der Schweiz verbringen, sind nicht einheimische Brutvögel, sondern Vögel aus Deutschland, Tschechien, dem Ostseeraum und Russland.
Ein noch seltenerer Wintergast
Es gibt eine weitere Vogelart, die im hohen Norden brütet und hin und wieder im Winter in grösserer Zahl (invasiv) in Mitteleuropa auftaucht – der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus). Die Wanderungen der Seidenschwänze sind aber seltene Ereignisse, der letzte Einflug in der Schweiz geht auf den Winter 2012/2013 zurück. Auch bei dieser Art löst die fehlende Verfügbarkeit der Winter-Hauptnahrung, der Früchte der Eberesche, die Wanderungen nach Süden aus. Diese können im Extremfall bis in den Mittelmeerraum führen.
Das sporadische und nicht erklärbare Erscheinen der Seidenschwanz-Schwärme in Mitteleuropa wurde in früheren Jahrhunderten von der Bevölkerung als böses Omen gedeutet. Aus dieser Vorstellungswelt rührt der in Holland noch immer gebräuchliche Artname «Pestvogel» her. In der deutschsprachigen Schweiz wurde er «Sterbevögeli» genannt. Dabei ist der Seidenschwanz mit seiner auffälligen Federhaube ein ausgesprochen hübscher Vogel.
Kommentare (4)
Beni Herzog
am 05.02.2019Ich selber hatte leider noch nicht die Gelegenheit, diesen Schlafplatz zu besuchen.
Wäre schön, Damjan, wenn Du wieder einmal ein Update machen könntest.
Damjan Sidjanski
am 25.01.2019Grüsse aus dem Elsass
Damjan
Brigitte Schneider
am 03.02.2019Eine Nachricht als Kommentar auf diesem Blog würde mich freuen.
Damjan Sidjanski
am 04.02.2019Gruss