Sie leben für Gastlichkeit à point
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23. Dezember 2020
12:00
Seinen Vornamen verdankt er der Tatsache, dass er kurz vor Weihnachten geboren wurde. Am 15. Dezember konnte Natale Ferronato nun seinen 95. Geburtstag feiern. «Dass ich heute noch lebe, verdanke ich fast ausschliesslich der Naturmedizin», ist der Ehrendinger überzeugt. Er hat mit seiner jahrzehntelangen Arbeit der alternativen Heilmedizin wichtige Impulse verliehen. Doch sein Wissensdurst ist längst nicht gestillt. «Mein Gehirn arbeitet immer noch 24 Stunden. Nachts träume ich, tagsüber forsche ich», erzählt er in der Stube seiner Wohnung, wo er mit Ehefrau Maryse lebt. Dann holt er einen riesigen, getrockneten Pilz aus dem Schrank: «Daraus stelle ich gerade ein Medikament her. Eigentlich benötige ich nur ein kleines Stück, aber der Förster brachte mir gleich den ganzen.»
Über 200 natürliche Heilmittel hat der Naturarzt in den vergangenen Jahrzehnten gemischt und damit vielen Menschen Linderung oder gar Genesung geschenkt. Die Regale im Wohnzimmer sind voll mit medizinischen Büchern in mehreren Sprachen. Die Bücher seien sein ganzes Potenzial, sagt der Autodidakt: «Doch das hier ist nur noch ein Viertel des ursprünglichen Bestands. Ich habe noch eine Bibliothek in Dubai, eine weitere in Genf und eine in Frankreich, wo wir mehrere Wochen im Jahr verbringen.»
Das Gesicht als Spiegel
Ferronato hat Vorträge in der ganzen Welt gehalten. In Ehrendingen aber ist sein Lebensmittelpunkt, und dies seit 1970 – allerdings mit einem mehrjährigen Abstecher nach Ennetbaden, wo er eine Heilpraxis führte. 2009 kehrte das Ehepaar zurück und wohnt heute in der Nähe des Kreisels Tiefenwaag, wo das markante Betriebsgebäude der Ferronato AG steht. Seine Firma hat er in den Fünfzigerjahren in Schlieren gegründet und später in Ehrendingen weiter ausgebaut. Sie ist auf Werkzeuge in der Steinbearbeitung spezialisiert. 1999 übergibt er das Geschäft seiner Tochter Franca und ihrem Ehemann Georg Schlag – und widmet sich seiner Berufung.
Neben einer ausgeprägten Intuition und Beobachtungsgabe verfügt Ferronato über enormes Fachwissen. «Die Grundlagen meiner Arbeit sind ausschliesslich die bekannten Naturgesetze», betont Ferronato. Er ist der Erfinder der sogenannten Pathophysiognomik – einer Methode zur Erkennung von Krankheitszeichen im Gesicht. Der Biotensor, eine Art Wünschelrute, zeigt ihm durch seine Schwingungen Therapieform, Heilmittel sowie Dosierung an.
Ein Medizinstudium blieb dem Hochbegabten, der sich Hunderte von Namen spielend merken konnte, wegen eines Unfalls jedoch verwehrt: Im September 1955, kurz vor dem Matura-Auffrischungskurs, wird er auf seiner Vespa von einem Solex-Fahrer angefahren und erleidet eine schwere Hirnverletzung. Die Folge ist eine posttraumatische Epilepsie. Erst nach sechs Jahren kann er wieder bis zehn zählen. Heute gehts bis 300 – «ohne Garantie auf Vollständigkeit», so Ferronato. 1968 der zweite Schicksalsschlag: Ein Mechaniker baut das neue Bremssystem seines Autos falsch ein, der Familienvater rast ungebremst in einen Stapel Betonröhren – er ist halbseitig gelähmt. Beide Unfälle verarbeitet er vor allem dank Naturmedizin. Doch von einst zwanzig Fremdsprachen sind nur das akzentfreie Züri-Tüütsch sowie Französisch, die Muttersprache seiner Frau, geblieben.
Den Gasthof Engel gefüllt
Auch im Ehrendinger Gasthof Engel hielt Ferronato viele Vorträge. «Damals waren unten im Stall noch Kühe. Über all die Jahre logierten mindestens 100 Patienten im Engel. Einer reiste im Rollstuhl aus Norwegen an, zu Fuss kehrte er nach Hause zurück. DAS ist Naturheilkunde!», erzählt er enthusiastisch. An einem gemeinsamen Vortrag mit Dorfarzt Hanspeter Faes fiel einst ein Schlüsselsatz, der heute aktueller denn je ist: «Die Natur rächt sich immer!» Ferronato ist überzeugt: «Corona ist das Resultat von achtzig Jahren Pharmamedizin. Man kann nicht jahrzehntelang die Abwehrkräfte schwächen und dann erwarten, der Körper könne sich selber gegen so ein Virus verteidigen.» Seine Hoffnung: «Dass ein Molekulargemisch gefunden wird, das die Abwehr wieder auf Vordermann bringt.»
Mit 95 Jahren geht es Ferronato nun aber ruhiger an, behandelt nur noch in Ausnahmefällen und widmet sich ansonsten seiner Forschung. Nichts tun, geht nicht, «auch wenn mich meine Frau oft dran erinnert, dass ich pensioniert wäre», schmunzelt er. Er ist dankbar, die Genferin an seiner Seite zu haben. Die Familie hatte auch schwere Zeiten. Nach dem zweiten Unfall musste Maryse Ferronato Familie und Firma führen. «Erst vor einigen Jahren wurde mir klar, wie viel sie damals leistete. Auch meine drei Kinder hatten leider nicht viel von mir», bedauert er heute.
Nun geniesst es Ferronato, seinem Enkel sein Lebenswerk zu präsentieren: Tausende von Patientenberichten, Briefe von dankbaren Klienten und Schülern. Kürzlich habe er ihm vom Gelähmten erzählt, der wieder gehen konnte, sagt der Naturarzt und fügt fast entschuldigend an: «Ich kann ja nichts dafür, dass ich so bin!»
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Kommentare (3)
Andreas Schlittler
am 03.01.2021Fernando Scarabino
am 28.12.2020Hans-Peter Studer
am 24.12.2020